Liebe alle,
neben allem, was uns im Verein gerade beschäftigt läuft auch die gärtnerische Arbeit weiter.
Erst mal lade ich alle herzlich ein, die dieses Jahr noch nicht auf dem Acker waren, und natürlich auch alle die die Erfahrung wiederholen möchten, diesen Samstag zur zusätzlichen, zur letzten Wochenend-Mitmach-Ackeraktion zu kommen. Wie gehabt, 9-14:00 in Ochsenwerder. Details sind im Mitmachkalender zu finden.
Weil neulich mal eine Abschätzung nachgefragt wurde, wie viel Hilfe wir noch brauchen: Wir haben letzte Woche ca 20% geerntet und es stehen noch ca 20%. Wir waren zu zwölft.
Und damit ihr einmal seht, was ihr schon alles geschafft habt: Wir haben hochgerechnet, dass es 148 Kisten á 18 Kilo werden, also 2,6 t. Pro einfachem Ernteanteil und Ausgabe 800 g gerechnet und aufgerundet, durch 280 Ernteanteile sind circa elf Wochen.
Außerdem möchte ich euch heute an unserem Prozess im Umgang mit der Kohlhernie teilhaben lassen. Ihr erinnert, wir müssen dieses Jahr damit leben, dass unser gesamter Lagerkohl hinüber ist (nachzulesen hier: https://www.solawi-vierlande.de/herausforderungen-meistern-solidaritaet-in-der-herbsternte/).
Wie dort angekündigt haben wir unterschiedliche Maßnahmen eruiert und nun eine Entscheidung getroffen. Die Maßnahmen, um den Krankheitsdruck zu mindern sind:
- Massiv Kalken, um die Bodenstruktur zu verbessern und den pH Wert zu erhöhen. Ersteres führt dazu, dass weniger Staunässe entsteht, in der sich die krankheitserregenden Einzeller bewegen. Letzteres schafft ein weniger saures Milieu, in dem sich die Kohlhernieerreger nicht wohl fühlen.
- Den warmen Bodentemperaturen im Sommer ausweichen, in denen sich der Erreger besonders wohl fühlt. Kohl hauptsächlich in den Übergangsjahreszeiten anbauen, Frühjahr und Herbst. Das bedeutet, es kann weiterhin Spitzkohl, Blumenkohl, Brokkoli, Chinakohl und Grünkohl geben. Weißkohl, Rotkohl, Wirsing, Superschmelz sind recht empfindlich gegenüber dem Erreger und werden außerdem angebaut, wenn die Bodentemperaturen schon recht warm sind.
- Empfindliche Sorten reduzieren. Rosenkohl wird zwar früh im noch recht kalten Boden angebaut, ist aber empfindlich. Bei Grünkohl ist es umgekehrt: Wird im warmen Boden angebaut, ist aber recht unempfindlich. Weißkohl, Rotkohl, Wirsing, Rosenkohl würden wir also nur noch in sehr kleinen Mengen anbauen, um das Risiko des Ausfalls klein zu halten. Wir würden unter den Kohlsorten die Rübchen ein wenig ausbauen, die eher unempfindlich sind und die man auch gut lagern kann.
- Überträgerpflanzen reduzieren. Unser Klee-Gras, das wir zur Mulchgewinnung ernten, und das das Bodenleben mit den vielen Feinwurzeln, die es hinterlässt füttert, für eine gute Bodenstruktur sorgt und Stickstoff für die Pflanzen einträgt – dieses Kleegras enthält Weidelgras und Rotklee in der Mischung, welches beide Überträgerpflanzen für Kohlhernie sind. Wir werden also unsere nächsten Kleegrasmischungen daraufhin anpassen. Unsere übliche Mischung ist gut auf den Standort angepasst und produziert viel Biomasse – aber wir werden schon eine andere Mischung finden.
- Bodenverdichtung aufbrechen. Die Kohlhernie-Erreger bewegen sich im Wasserfilm um die Bodenpartikel. Sie kommen in ständig nassem Boden am besten zurecht. Verdichtete Bodenbereiche sind häufig auch dauerhaft feucht. Hier werden wir also ansetzen müssen, und die Verdichtungen nach und nach aufbrechen, dann direkt tief wurzelnde Gründüngung säen, die in die erzeugten Risse hineinwurzeln kann.
- Resistente Pflanzen anbauen. Wir haben uns gegen diese Maßnahme entschieden. Das weichere Argument ist, dass Resistenzen verhältnismäßig schnell vom Gegenspieler durchbrochen werden können. Die Evolution ist schneller als die Züchtung. Das Saatgut wäre F1 Saatgut, das heißt, man kann daraus selbst keine Nachzucht betreiben und es ist genetisch sehr homogen. Das Prinzip des Biolandbaus ist eine hohe genetische Diversität aus der immer wieder Neuzüchtungen und an lokale Verhältnisse angepasste Sorten hervorgehen können. Mit dem Anbau von F1 Sorten handelt man gegen dieses Prinzip der Resilienz und macht sich abhängig. Außerdem wird Gentechnik eingesetzt, um die Sorten mit Resistenzen auszustatten. Wir würden aufgrund unserer Situation mit dem schweren Kohlherniebefall zwar sicher eine Ausnahmegenehmigung vom Verband bekommen. Wir haben uns aber dagegen entschieden. Solltet ihr an der Stelle anderer Meinung sein, und möchtet, dass wir es mit den gentechnisch veränderten F1 Sorten versuchen, würden wir euch bitten, das Thema in geeigneter Art und Weise in der SoLawista-Gemeinschaft zu besprechen und uns dann eure Entscheidung mitzuteilen.
viele Grüße von
Inga
Super-Beitrag, Inga, danke! Bin echt gespannt, ob es Meinungen zu den F1-Sorten gibt. Liebe Grüße, Reinhard
Vielen Dank liebe Inga für Deinen ausführlichen Bericht!
Da wird einem wieder mal bewußt, dass es eine Kunst ist in der Natur zu wirtschaften und es immer wieder Neues zu lernen gibt!
Ihr macht das großartig! Versucht es zusätzlich mal mit der Kohljauche.
Danke auch für die Mengeneinschätzung – es steht noch eine ganz beeindruckende Menge da und wenn man nochmal den link oben anklickt, sollte klar sein, dass wir als Gemeinschaft jede einzelne Möhre retten müssen!
Danke für Euren so unbeschreiblich großen Einsatz!
Ich bin froh, dass Ihr gegen die gentechnisch veränderten Sorten entschieden habt und vielleicht ist es an der Zeit den essbaren Begleitpflanzen auf die Bühne zu helfen – sie sind schließlich fast ständig verfügbar, ohne Schädlingsbefall und brauchen nur unser Umdenken!
Liebe Andrea, danke! vielleicht machen wir mal einen Herbst-Rundgang zum Thema Begleitpflanzen mit dir, um zu gucken, was wir den SoLAwistas noch Gutes tun können?
Ich bin da anderer Meinung das zur Bekämpfung der Kohlherni auch F1 Saatgut eingesetzt werden kann, ist nur übergangsweise! Ich habe übrigens jahrelang F1 Tomatensorten im Bio Anbau benutzt und es war kein Problem bei den Kontrollen und den Verbrauchern, die Qualität hat gestimmt im Verkauf.