Sonderregeln für Mitgliederversammlungen von Vereinen während der Pandemie
Infos Von Carsten aus dem RC 29.11.2020 # Bietrunde + Mitgliederversammlung 2021:
Der Gesetzgeber hat Vereinen in den Regelungen des §5 Covid-19-MaßnG im Pandemiejahr 2020 mindestens 4 Optionen eröffnet:
Option 1: Automatische Verlängerung der Amtszeit
§ 5 Abs. 1 Covid-19-MaßnG bewirkt, dass Vorstandsmitglieder auch nach Ablauf ihrer Amtszeit zunächst (maximal bis Ende 2021) im Amt bleiben, d.h. eine Wieder- oder Neubestellung nicht zwingend erforderlich ist, um die Handlungsfähigkeit des Vereins aufrecht zu erhalten.
Praxistipp für Vereine: Das hilft insbesondere bei solchen Satzungen, bei denen eine Formulierung wie „…bleiben bis zu einer Neuwahl im Amt“ fehlen und daher eigentlich beim Amtsgericht die Bestellung eines Notvorstandes zu beantragen wäre, wenn absehbar keine Wahlen stattfinden (können).
Option 2: Beschlussfassung aufgrund virtueller Versammlung
Gemäß § 5 Abs. 2 Nr. 1 Covid-19-MaßnG steht durch Modifikation von § 32 Abs. 1 BGB nunmehr fest, dass eine virtuelle Versammlung der Präsenzversammlung gleichgestellt ist und folglich in ihr wirksame Beschlüsse gefasst werden können. Die virtuelle Versammlung bedarf hiernach weder einer Satzungsgrundlage, noch der Zustimmung sämtlicher Mitglieder.
Praxistipp für Vereine: Allerdings müssen auch bei einer „virtuellen“ Mitgliederversammlungen alle sonstigen Mitgliedsrechte gewahrt bleiben, wie sie nach Satzung und (Vereins-) Recht vorgeschrieben sind, da der Gesetzgeber hierzu keine Erleichterungen vorgesehen hat. Insbesondere fehlen für Vereine leider Regelungen, wie sie der Gesetzgeber für Aktiengesellschaften vorgesehen hat, die dort etwa das Risiko der Anfechtbarkeit von Beschlüssen bei technischen Störungen reduzieren sollen. Eine Bezugnahme auf Regelungen im Aktienrecht für Fragen der Rechtswirksamkeit von Beschlüssen im wird von der Rechtsprechung regelmäßig abgelehnt (vgl. Nessler, “Regelverstoß und Unwirksamkeit der Beschlüsse”, www.rkpn.de).
Option 3: „Gemischte“ Beschlussfassung
Zusätzlich wird es durch § 5 Abs. 2 Nr. 2 Covid-19-MaßnG möglich, dass einzelne Mitglieder ihre Stimmen im Vorfeld einer (virtuellen oder physischen) Versammlung schriftlich abgeben.
Praxistipp für Vereine: Da durch das Gesetz Schriftlichkeit angeordnet wird, würde eine klassische Briefwahl, nicht aber lediglich eine textförmige Stimmabgabe (etwa wie Online-Abstimmungstools oder E-Mail) diesem Erfordernis genügen.
Option 4: Beschlussfassung ohne Versammlung im Umlaufverfahren
Schließlich erleichtert es § 5 Abs. 3 Covid-19-MaßnG durch die Modifikation der Anforderungen des § 32 Abs. 2 BGB Beschlüsse ohne jede Form der Versammlung im Umlaufverfahren zu fassen.
Praxistipp für Vereine: Eine Beschlussfassung im Umlaufverfahren ist hiernach wirksam, wenn:
(i) alle Mitglieder beteiligt werden und
(ii) bis zum Ende der gesetzten Entscheidungsfrist mindestens die Hälfte von ihnen etwa in Textform (E-Mail, SMS, WhatsApp usw.) an der Abstimmung teilgenommen hat.
Infos von vereinsrecht.de:
Corona-Sonderregelungen für Vereine und Stiftungen wurden bis 31.12.2021 verlängert
23.11.2020 | Josef Renner
Die Sonderregelungen für Vereine und Stiftungen sind durch die „Verordnung zur Verlängerung von Maßnahmen im Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins- und Stiftungsrecht zur Bekämpfung der Auswirkungen der Covid-19-Pandemie (GesRGenRCOVMVV)“ vom 20.10.2020 bis zu 31.12.2021 verlängert worden.
Die Verordnung ist am 28.10.2020 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht worden (BGBl I 2020, 2258). Sie ist somit zum 29.10.2020 in Kraft getreten.
Bisher galten die Corona-Sonderregelungen für Vereine und Stiftungen nur bis zum 31.12.2020 und wurden durch das „Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht“ vom 27.03.2020 eingeführt.
Die Sonderregelungen umfassen nun bis zum 31.12.2021 folgende Bereiche:
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Vorstände bleiben auch ohne Satzungsregelung bis zur Neuwahl im Amt
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Online Mitgliederversammlungen sind ohne Satzungsgrundlage zulässig
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Vorab Stimmabgaben ohne Anwesenheitserfordernis sind zulässig
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Beschlussfassungen außerhalb einer Mitgliederversammlung im Umlaufverfahren und ohne das Erfordernis der schriftlichen Zustimmung aller stimmberechtigen Mitglieder sind ohne Satzungsgrundlage zulässig
Fazit: Die Verlängerung der Sonderregelungen war bereits absehbar. Die Handlungsfähigkeit für Vereine und Stiftungen bleibt bis Ende 2021 insofern bestmöglich gewahrt. Die Sonderregelungen werden aber nach dem 31.12.2021 wieder außer Kraft treten. Bitte nutzen Sie den Geltungszeitraum, um Ihre Satzung zu prüfen und im Bedarfsfall folgende Vorschriften aufzunehmen:
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Einen Passus, sodass die Vorstandsmitglieder bis zur Neuwahl im Amt bleiben
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Einen Passus, der die Durchführung von Online Mitgliederversammlungen ausdrücklich erlaubt
Autor
Josef Renner
Steueranwalt
Campbell Hörmann Partnerschaftsgesellschaft, München
Homeppage:www.npo-experten.de
Virtuelle Mitgliederversammlung im Verein in Corona-Zeiten
04.04.2020 | Dr. Rafael Hörmann
Inhalt
Die Entscheidung der Landesregierungen gem. § 28 Infektionsschutzgesetz (IfSG), Veranstaltungen zu untersagen, kann genauso Vereine betreffen. Auch neben einem Verbot ist es gleichwohl aktuell ratsam, jegliche Zusammenkunft weitestgehend zu vermeiden. Das gilt sowohl für Mitgliederversammlungen als auch Vorstandssitzungen. Daher wird im Folgenden ausgeführt, welche Hürden und Möglichkeiten für Vereine vor diesem Hintergrund bestehen.
I. Gesetzeslage vor dem Gesetz vom 27.03.2020
1. Beschlussfassung der Mitgliederversammlung
a. Ohne Mitgliederversammlung
Eine Beschlussfassung der Mitgliederversammlung ist auch möglich, wenn alle stimmberechtigten Mitglieder ihre Zustimmung zu dem jeweiligen Beschluss schriftlich erklären, § 32 BGB. Zur Wahrung der Schriftform bedarf es einer Erklärung auf dem Postweg. Eine E-Mail genügt nicht. Zu beachten ist außerdem, dass es eines Protokolls über die Beschlussfassung bedarf, wenn der Beschluss bei dem Vereinsregister einzureichen ist. Das Protokoll muss das Umlaufverfahren und das Ergebnis der Beschlussfassung enthalten.
b. Online-Mitgliederversammlung
Eine Mitgliederversammlung über das Internet, beispielsweise durch Videokonferenz ist nur dann ohne Weiteres möglich, wenn die Satzung des Vereins dies ausdrücklich zulässt! Zu beachten ist, dass wenn eine Online-Versammlung in der Vereinssatzung geregelt ist, diese nicht den Anforderungen des § 32 Abs. 2 BGB unterliegt und somit die Zustimmung der Mitglieder nicht erforderlich ist, ebensowenig wie die Schriftform.
Die fehlende Satzungsregelung kann allerdings umgangen werden, wenn alle Mitglieder zustimmen, die Mitgliederversammlung online abzuhalten. Die Zustimmung muss sich lediglich auf die Form der Abhaltung der Mitgliederversammlung beziehen, ein Bezug auf jeden einzelnen Beschlussgegenstand ist nicht notwendig. Die Zustimmung unterliegt nicht der Schriftform, sondern ist formlos möglich. Allerdings sollte beachtet werden, dass die Zustimmung des einzelnen im Nachhinein bewiesen werden kann, daher empfiehlt sich stets die Schriftform. Ist die Zustimmung aller Mitglieder erfolgt, können in der Online-Mitgliederversammlung Mehrheitsbeschlüsse gefasst werden. Auch hier greift die Vorschrift des § 32 Abs. 2 BGB nicht, da es sich um eine Beschlussfassung mit Versammlung handelt.
Die Abhaltung einer Mitgliederversammlung über das Internet ohne Satzungsgrundlage und ohne die Zustimmung aller stimmberechtigter Mitglieder ist aber grundsätzlich unzulässig.
2. Beschlussfassung des Vorstands
Für Beschlussfassungen des Vorstands gelten die obigen Ausführungen entsprechend. Zu beachten ist, dass auch die telefonische Zusammenkunft als virtuell gewertet wird, auch wenn sie nicht über das Internet erfolgt.
II. Sonderregelung durch das Gesetz vom 27.03.2020: Artikel 2 § 5 Absatz 2: Online-Mitgliederversammlung
Der Bundestag hat in dem Gesetz vom 27.03.2020 (Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht) unter anderem auch vorübergehend Sonderregelungen zu Vorschriften des zivilrechtlichen Vereinsrechts, welche im Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zu finden sind, vorgesehen. Das Gesetz enthält nun Erleichterungen für Vereine, um deren Handlungsfähigkeit während der Corona-Krise aufrechtzuerhalten. Die neuen Sonderregelungen durch Gesetz vom 27.03.2020 zu den zivilrechtlichen Vereinsvorschriften gelten ab dem Tag der Gesetzesverkündung im Bundesgesetzblatt (27.3.2020) und bis zum 31.12.2021.
Von den Erleichterungen profitieren eingetragene Vereine und nicht eingetragene Vereine gleichermaßen.
§ 5 Absatz 2 schafft als Sonderregelung zu § 32 Absatz 1 Satz 1 BGB die gesetzlichen Voraussetzungen, um auch ohne ausdrückliche Ermächtigung in der Satzung, „virtuelle“ Mitgliederversammlungen durchzuführen. Ohne diese neue Regelung und ohne besondere Satzungsregelung müssten Mitgliederversammlungen stets als Präsenzveranstaltung durchgeführt werden. Das wurde in der aktuellen Situation allerdings verboten.
Fazit: Es ist nunmehr ohne besondere Satzungsregelung möglich, alle Mitgliederversammlungen eines Vereins virtuell abzuhalten.
Praxistipps:
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Diese Sonderregelung ist bis zum 31.12.2021 befristet. Sie ersetzt damit nicht die Notwendigkeit einer eigenen Regelung für die dauerhafte Zulässigkeit von Online-Mitgliederversammlungen in der Vereinssatzung, um auch zukünftig diese vom Grundsatz der Präsenzveranstaltung abweichende Versammlungsform zu ermöglichen.
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Leider sieht diese Sonderregelung keine Erleichterung für die Formvorschriften der Einladung zu einer Mitgliederversammlung vor. Daher gilt weiterhin das Formerfordernis der Satzung: Sieht die Satzung die Schriftform für die Einladung vor, so muss weiterhin mit einem unterzeichneten Schreiben der ladungsberechtigten Person (zumeist der Vorstandsvorsitzende) geladen werden. Oft sehen Satzungen inzwischen aber auch eine Ladung in Textform vor. Dann kann die Ladung auch per E-Mail erfolgen, wenn die E-Mail-Adressen der Mitglieder durch die Mitglieder selbst dem Verein bereitgestellt wurden.
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Die virtuelle Versammlung sollte in einem passwortgesicherten Online-Raum und unter mit vorheriger Mitteilung des Passworts gegenüber den Teilnehmern vor der Versammlung erfolgen. Die Teilnehmer sollten ihre Identität durch Verwendung des Klarnamens kenntlich machen.
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Nicht geändert werden die im Gesetz oder der Satzung geregelten Mehrheitserfordernisse. Soweit in der Vereinssatzung nichts Abweichendes geregelt ist, ist für die Zweckänderung weiterhin nach § 33 Absatz 1 Satz 2 BGB die Zustimmung aller Mitglieder erforderlich, für Satzungsänderungen gilt die Drei-Viertel-Mehrheit nach § 33 Absatz 1 BGB, soweit in der Satzung keine andere Mehrheit geregelt ist.
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Über die Online-Mitgliederversammlung ist weiterhin nach den Regelungen der Satzung ein Protokoll zu fertigen, welches von den in der Satzung bestimmten Personen, zumeist die Versammlungsleiter und die Protokollführer, zu unterzeichnen ist. Die Protokollierung muss insbesondere die Beschlüsse aufzeigen, die der Eintragung zum Vereinsregister bedürfen, z.B. die Wahl des Vorstands oder die Änderung der Satzung. Das Protokoll dient weiterhin als zivilrechtliche Urkunde dem Nachweis der Beschlüsse der Mitgliederversammlung gegenüber dem zuständigen Amtsgericht. Nur mit einem unterzeichneten Protokoll über die Online-Mitgliederversammlung wird das Amtsgericht die Änderungen zum Vereinsregister eintragen.
Autor
Dr. Rafael Hörmann
Rechtsanwalt / Fachanwalt für Steuerrecht
Campbell Hörmann Partnerschaftsgesellschaft mbB, München
Homepage: https://npo-experten.de/de/vereinsrecht/virtuelle-mitgliederversammlung/
Der Vollständigkeit halber hier noch einmal Auszüge aus der Solawi-Satzung:
In unserer Satzung haben wir den § 12 Absatz 8 -> Außerhalb von Mitgliederversammlungen können Beschlüsse – auch satzungsändernde –, soweit nicht zwingendes Recht eine andere Form vorschreibt, durch mündlich, fernmündlich, schriftlich, mittels Telefax, per E-Mail oder in anderer vergleichbarer Form durchgeführte Stimmabgabe sowie durch Abstimmung unter Beteiligung verschiedener zulässiger Kommunikationsmittel – auch in Kombination mit der Beschlussfassung in Mitgliederversammlungen – gefasst werden, wenn 50% der ordentlichen Mitglieder der Abstimmung in dem jeweiligen Verfahren zustimmen. Die vorstehende Zustimmung kann mündlich, fernmündlich, schriftlich, mittels Telefax, per E-Mail oder in anderer vergleichbarer Form abgefragt und erklärt werden, ohne dass es zur Einholung der Zustimmung einer Mitgliederversammlung bedarf. Findet eine Beschlussfassung per Kombination von Mitgliederversammlung und von durch mündlich, fernmündlich, schriftlich, mittels Telefax, per E-Mail oder in anderer vergleichbarer Form durchgeführter Stimmabgabe statt, sind zwecks Feststellung der Beschlussfähigkeit und des Abstimmungsergebnisses nur solche Stimmabgaben zu berücksichtigen, die vor Beginn der Mitgliederversammlung beim Vorstand oder Versammlungsleiter eingegangen sind.
9. Abstimmungsergebnisse bei Beschlussfassungen werden – unabhängig von dem Verfahren der Beschlussfassung (Mitgliederversammlung, schriftliches Verfahren etc.) – durch das von dem/der Protokollführer/in und dem/der Versammlungsleiter/in zu unterzeichnende Protokoll festgestellt.