Steckrübe

Stehe zwar auf Schottenröcke, aber in Schottland war ich leider noch nicht, daher
habe ich noch nie etwas von Haggis gehört. Aber weil wir ja in diesem Monat bei
Brassica napus sind, ist jetzt auch das schottische Nationalgericht dran, zu
dessen Zubereitung eine/r vier bis fünf Stunden, einen Schafsmagen und
Hafermehl braucht – weitere Einzelheiten erspare ich euch, auch wenn ́s echt
aufregend ist: „The following recipe is not fort he weak of constitution!“ Wer sich
traut, liest nach und wir beschäftigen uns jetzt mit der Beilage zum Haggis,
gestampften Steckrüben. Und wo wir schon beim Stampfen sind, kommen wir
gleich zu einem uralten Hamburger Rezept: Steckrübenmus. Ihr kocht ein Kilo
geputzte, geschälte und grob zerkleinerte Steckrüben, die in unserer Region auch
Wruken genannt wurden oder Schwedische Rüben, weil sie im 17. Jahrhundert
aus Skandinavien eingewandert sind, etwa 50 Minuten in Salzwasser gar, gießt
sie ab, lasst sie gut abtropfen und dann: stampfen. Nach Bedarf und Geschmack
könnt ihr heiße Gemüsebrühe drunter mischen. Ihr schmeckt mit Salz und
Majoran ab, bratet zwei in Ringe geschnittene Zwiebeln goldbraun und bestreut
damit das Mus.
Meine Mutter hasste dieses Gemüse nachhaltig, auch wenn selbst ihre Mutter,
Jahrgang 1900, den deutschen Steckrübenwinter 1916/17, als es hierzulande
hieß:
„früh Kohlrübensuppe, mittags Koteletts von Kohlrüben, abends Kuchen
von Kohlrüben“, nicht erlebt hat, denn sie musste sich derweil in Sibirien mit
anderen Nahrungsreserven über Wasser halten. In Deutschland erprobte frau und
man praktisch alles, vom Steckrüben-Auflauf über Marmelade und Ersatzkaffee
aus den gelbfleischigen Rüben.
Und um zu beweisen, dass traditionelle norddeutsche Küche auch vegetarisch
oder vegan geht, schiebe ich noch die preiswerte und raffinierte karamelisierte
Variante hinterher. Dafür schneidet ihr 1,5 Kilo Steckrüben in Scheiben, schält
und wascht diese und schneidet sie in fünf Zentimeter lange Stifte. Ihr lasst jetzt
60 Gramm Zucker in einem schweren Topf ohne Umrühren schmelzen und dann
unter Rühren braun karamelisieren, gebt die Steckrübenstifte tropfnass dazu,
würzt mit Salz und Pfeffer, und dünstet sie bei milder Hitze zugedeckt eine
Viertelstunde. Den Topf schwenkt ihr häufig und gießt nur wenn nötig wenig
Wasser zu. Ihr putzt und wascht jetzt zwei Bund Frühlingszwiebeln oder Lauch,
schneidet den hellen Teil – das dunkle Grün ist prima für Suppe – in fünf cm lange
Stücke, die ihr dann fünf Minuten mitdünstet und serviert das Ganze mit
Sonnenblumenkernen bestreut.
Nach soviel Kulinarik ein ganz klein wenig Botanik zum Nachtisch: Brassica napus
ist eine Unterart des Rapses. Das lässt sich ja auch am Geruch ausmachen.
Von Vera

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